Alpha-1-Antitrypsin-Mangel – so der komplette Name der chronischen Erkrankung – ist eine Erbkrankheit und betrifft hauptsächlich Lunge und Leber.
Erkranken Menschen an Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, kurz Alpha-1, dann bilden die Leberzellen das Enzym Alpha-1-Antitrypsin (AAT) fehlerhaft oder in zu geringer Menge. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, werden Lunge, Leber, mitunter auch Haut und andere Organe wie das Herz geschädigt. Alpha-1 ist die häufigste Ursache für genetisch bedingte Lebererkrankungen bei Kindern. Erwachsene mit Alpha-1 entwickeln besonders häufig eine COPD.1
AAT schützt die Lungenbläschen vor Proteasen, das sind Eiweiß abbauende Enzyme, die bei der Immunabwehr eine Rolle spielen. Vor allem Elastase, eine der wirksamsten Proteasen im Atemwegssystem, wird von AAT gehemmt. Aus diesem Grund wird AAT als Proteinase-Inhibitor und die Erkrankung als Alpha-1-Proteinase-Inhibitor-Mangel bezeichnet. Fehlt AAT, reagieren die Proteasen überschießend.2 So greift die Elastase etwa Bakterien und andere eingedrungene Fremdkörper an, aber auch die Wände der Lungenbläschen. Diese sacken dadurch beim Ausatmen zusammen – das Lungengewebe wird nach und nach zerstört, COPD kann entstehen.1 In der Folge ergibt sich eine Überblähung der Lunge und es entwickelt sich ein Lungenemphysem. Atemnot, ein Druckgefühl in der Brust und erschwertes Ausatmen sind die Folgen. Zigarettenrauch inaktiviert das AAT in der Lunge, was zusätzlich chronische Entzündungen fördert. Sammelt sich das fehlgebildete AAT in der Leber an, kann auch dieses Organ mit Entzündungen reagieren, die sich bis zur Leberzirrhose fortsetzen können.2
Zu selten erkannt
Alpha-1 ist unter Menschen mit europäischer Abstammung eine der häufigsten Erbkrankheiten. In Europa sind davon etwa 2,5 von 10.000 Menschen betroffen; Alpha-1 kommt also etwa so häufig vor wie Typ-1-Diabetes oder Cystische Fibrose. Dennoch wird Alpha-1 häufig erst spät erkannt und daher auch nicht rechtzeitig behandelt. Zu selten wird erkannt, dass es die Ursache für chronische Bronchitis oder ein schweres Lungenemphysem sein kann, dabei ist es die häufigste genetisch bedingte Ursache des Lungenemphysems. Schätzungen zufolge wird Alpha-1 möglicherweise bei nur 5 bis 10 Prozent der Betroffenen diagnostiziert und bleibt somit bei den meisten unerkannt. Bei Betroffenen mit schwerem Alpha-1, die an einer Umfrage teilnahmen, lagen durchschnittlich 7,2 Jahre zwischen dem Auftreten von Krankheitszeichen und der ersten Diagnose. Bei einer optimalen Therapie liegt die Lebenserwartung der Betroffenen bei 60 bis 68 Jahren, wenn sie nicht rauchen.1
Wichtigster Risikofaktor ist das Rauchen. Patient:innen mit doppelt vererbtem Gendefekt, die Raucher:innen sind, haben das höchste Risiko. Jene mit einfach vererbtem Gendefekt sind nur dann stark gefährdet, wenn sie starke Raucher:innen sind. In jedem Fall gilt als wichtigste Maßnahme ein sofortiger Rauchstopp – auch Passivrauchen ist relevant.1
Es gibt verschiedene Arten von AAT-Mangel, die sich nach der zugrundeliegenden genetischen Variante richten. Der häufigste Typ ist jener mit der Mutation in beiden Genkopien, während die zweithäufigste Variante, jene mit nur einem defekten Gen, meist relativ milde Ausprägungen zeigt.2